Heilige Ursula Ledóchowska

Am 17. April 1865 kommt Julia Maria Ledóchowska in Loosdorf/ Niederösterreich als zweites von sieben Kindern von Graf Antoni Ledóchowski (1823-1885) und Gräfin Josephine von Salis-Zizers (1832-1909) zur Welt. Die Atmosphäre in der Familie ist geprägt von gegenseitiger Achtung und Liebe sowie tiefer Verwurzelung im katholischen Glauben. Josephine unterstützt ihren Mann im Bemühen, die Kinder neben der Loyalität Österreich gegenüber auch zu einem polnischen Nationalbewusstsein zu erziehen.

1875 zieht die Familie nach Sankt Pölten. Julia besucht dort die Schule der Englischen Fräulein und erhält eine Ausbildung mit humanistischem Profil.

1883 erfüllt sich der Wunsch von Vater Antoni, sich mit der Familie in Polen anzusiedeln. Sie erwerben in Lipnica Murowana unweit von Krakau in Galizien ein kleines Gut und zieht dorthin um.

1886-1897      Julia tritt ins Kloster der Ursulinen in Krakau ein; im April 1887 beginnt sie das Noviziat und bekommt den Ordensnamen Maria Ursula. Im April 1889 legt sie die ewige Profess ab und erhält das Prädikat „von Jesus“. Schwester Ursula arbeitet als Lehrerin und Erzieherin in der Schule und dem Pensionat der Ursulinen. 1897 erhält sie nach dem damaligen ursulinischen Brauch den Titel „Mutter“.

1904    Sie wird zur Oberin der Gemeinschaft gewählt. In dieser Zeit initiierte sie das erste Wohnheim für Studentinnen auf polnischem Gebiet.

Im Jahr 1907 reist sie mit der Oberin des Ursulinenklosters in Tarnow nach Rom, um bei Papst Pius X notwendige Änderungen in den Ordenskonstitutionen vorzunehmen, die dadurch den apostolischen Bedürfnissen der Ursulinen – ihrer Arbeit in Schule und Internat – angepasst werden. Im März 1907, nach der Rückkehr aus Rom, erhielt Mutter Ursula eine Einladung von Pfarrer Konstanty Budkiewicz, Probst der Pfarrei der Hl. Katharina in Sankt Petersburg, die Leitung des Internats des zur Pfarrei gehörenden polnischen Gymnasiums zu übernehmen.

Nach Ende ihrer Amtszeit als Oberin des Krakauer Klosters reiste Mutter Ursula im Juli 1907 mit zwei Mitschwestern nach St. Petersburg, wo sie, mit dem Segen von Papst Pius X, die Leitung eines Mädchenwohnheims übernahm. Die Schwestern trugen keine Ordenskleidung, da in Russland katholische Orden verboten waren. Mutter Ursula fand schnell den Weg in die Herzen der Mädchen. Sie begann Russisch zu lernen und legte ein Examen ab, um in der Schule Französisch unterrichten zu können.

1908 erlangt das Haus die Autonomie. Die Ursulinen leben in Russland unter konspirativen Bedingungen, da katholische Orden nicht erlaubt sind.  Im Jahr 1910 entsteht am Finnischen Meerbusen ein eigenes Haus für die Gemeinschaft sowie eine Schule, die nach ursulinischer Tradition geführt wird.

1914    Als der erste Weltkrieg ausbricht, muss Mutter Ursula als österreichische Staatsbürgerin Russland verlassen. Sie lebt zunächst getrennt von ihrer Gemeinschaft in Stockholm/ Schweden. Mutter Ursula arbeitet mit dem von Henryk Sienkiewicz in der Schweiz gegründeten Hilfskomitees für die Kriegsopfer in Polen zusammen. Durch eine Serie von Vorträgen in den drei wichtigsten europäischen Sprachen sensibilisiert sie die skandinavische Gesellschaft für die Sache der Unabhängigkeit Polens. Nach und nach verlassen auch die Schwestern Russland. 1917 eröffnen sie ein Waisenheim in Aalborg/ Dänemark.

Im Jahr 1918 erlangt Polen nach 123 Jahren seine Unabhängigkeit wieder. Mutter Ursula und die ursulinische Gemeinschaft lenken ihre Gedanken auf die polnische Heimat, in der es nach Jahren der Besatzung durch die Teilungsmächte und des Ersten Weltkriegs für apostolische Gemeinschaften, die sich mit der Erziehung von – vor allem armen – Kindern und Jugendlichen beschäftigen, sehr viel Arbeit gibt.

1920    Dank einer großzügigen Spende des norwegischen Konsuls Stolt-Nielsen erwirbt Mutter Ursula in Pniewy bei Posen ein Grundstück. Am 7. Juni 1920 gibt der Heilige Stuhl die Erlaubnis zur Gründung eines neuen ursulinischen Zweigs – der Ursulinen vom Herzen Jesu im Todeskampf. Seine Hauptaufgabe ist die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und die Sorge um die Armen. Aus alten Wurzeln erwuchs ein neuer Zweig, der nach dem Geist der Heiligen Ursula und der auf die Heiligen Angela Merici zurückreichende Tradition der Erziehungs- und Lehrarbeit als bevorzugtes Evangelisierungsmittel der neuen Zeit leben will, gleichzeitig jedoch nach neuen Formen sucht, die den aktuellen Bedürfnissen, insbesondere der Armen, entsprechen sollen. Die Gemeinschaft nimmt am Aufbau des Landes aktiv teil. Bis 1939 gründet die Gemeinschaft viele neue Häuser und apostolische Werke in ganz Polen, Italien und Frankreich.

Lächeln, Lebensfreude und Güte betrachtete Mutter Ursula als besonders glaubwürdiges Zeugnis der Verbundenheit mit Christus. Sie lehrt, dass Heiligkeit für jeden erreichbar ist, dass sie im liebevollen Engagement gegenüber Gott und den Menschen bei der Erfüllung der täglichen Pflichten besteht.

Am 29. Mai 1939 stirbt Mutter Ursula in Rom in der Meinung von Heiligkeit. Sie wird auf dem Friedhof Campo Verano in Rom beigesetzt. 1946 erfolgen zwei wundersame Heilungen durch ihre Fürsprache. Anfang der fünfziger Jahre beginnt der Seligsprechungsprozess, während dem eine Exhumierung des Leichnams notwendig ist. Man stellt die Unversehrtheit des Körpers fest. Er wird in eine Grabstelle in der Kapelle des Generalhauses der Gemeinschaft überführt.

Am 20. Juni 1983 erfolgt die Seligsprechung von Mutter Ursula in Posen durch Papst Johannes Paul II. Im Mai 1989 werden ihre Reliquien von Rom nach Pniewy, das Mutterhaus der Gemeinschaft, überführt.

Am 18. Mai 2003  spricht Papst Johannes Paul II Mutter Ursula in Rom heilig.

Die Gemeinschaft der Ursulinen vom Herzen Jesu im Todeskampf wirkt derzeit in 14 Ländern auf 5 Kontinenten.

Der liturgische Feiertag der heiligen Ursula wird am 29. Mai begangen.

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“Mit Zuversicht im Herzen” – Erinnerungen der hl. Ursula Ledóchowska aus den Jahren 1886-1924 (erschienen auf Deutsch im Jahr 2020 im EOS Verlag)